Kultur der Pause

Wertvolle Pausenzeit

Das produktive Nichts-Tun

Du bist ein Star! Jeden Tag in der Öffentlichkeit, jeden Tag Verpflichtungen und Termine, immer Menschen um dich. Du erzählst, erklärst, hörst zu, wirst gefragt, gebeten, eingeladen, aufgefordert, angestupst. Den ganzen Tag. Ohne Unterbrechung.

Da ploppt das Fenster des Facebook-Chats auf, während ich diesen Blogeintrag schreibe, der Posteingang weist mich auf eine neue „Freundschaftsanfrage“ hin, schnell dazwischen  ein Foto auf  Yocco hochladen und am Handy auf Foursquare anmelden, damit ich endlich „Mayor“ werde … Schon alleine das Schreiben und gedankliche Nachvollziehen dieses Satzes beschleunigt mich – um nicht gleich von Stress zu sprechen.

PAUSE!!!!!!!!

Es wird notwendig sein, Freiräume zu schaffen für das JETZT, schrieb ich im Beitrag „Wie viel Inszenierung braucht das Erlebnis?“  Social Media bedeutet für viele, immer auf Empfang zu sein, ständig in der Bereitschaft zu senden, auf vielen Kanälen. Immer in der Menge zu baden und ein Stück öffentlich zu sein, strengt extrem an. Im Gegensatz zu den Stars haben wir keine Bodyguards,  Securitys, Manager und Pressesprecher, die uns auch einmal von den anderen abschirmen. Entweder du steigst zeitweise selbst aus, oder du wartest auf den Stromausfall, den realen oder den inneren Kurzschluss.

Produktives NICHTSTUN!!!!!!

Aufhören (vom griechischen pauein), Zwischenzeit, Rast (vom lateinischen und altfranzösischen pause und pose), Unterbrechung und Austritt aus den gewohnten Zeitmustern – Pausen haben etwas Paradoxes an sich: Sie sind eine Handlung in einem Zeitraum des Nicht-Handelns, ein bewusstes Nichts-Tun. Warum fällt es so schwer, Pausen zu machen?

  • Einige treibt die Angst, durch die Unterbrechung der Kommunikation und Interaktion Wesentliches zu versäumen, Status und Einfluss zu verlieren.
  • Besonders für Erwachsene bedeutet pausieren, unproduktiv zu sein, sich „auszuruhen“ auf dem „Besitz“ des bereits Geschaffenen den eigenen Reichtum zu genießen (Max Weber), und das ist in unserem Kulturkreis eher verpönt.
  • Kinder und Jugendliche wachsen damit auf, fast permanent zu senden und zu empfangen. Da sie das Gegenteil nicht kennen, ist es schwierig, ihnen die Vorzüge eines Zeitraumes ohne PC und Handy zu vermitteln, ohne konservativ oder autoritär zu wirken.

Wie wichtig Pausen für Körper, Geist und Seele sind, weiß jeder aus eigener Erfahrung. Und trotzdem sind neben den gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitspausen nur noch die Rauchpausen gesellschaftlich breit toleriert. Es fehlt uns eine gelebte und geübte Pausenkultur, die hilft, runterzuschalten, ruhig zu werden,  Abstand zu bekommen, wieder ganz anzukommen in der realen Welt und bewusst die Menschen, Dinge, Stimmung  und den eigenen Körper wahrzunehmen. Neben einem gesunden Körper gibt uns erst eine gute seelisch-geistige Orientierung Kraft für unsere Aufgaben. Dazu müssen wir auf unsere „innere Stimme“ und unseren „inneren Rhythmus“ hören. Sie sind jedoch nur dann zu hören, wenn wir zur Ruhe gekommen sind.

Die Social Media werden wir dann optimal nützen können, wenn wir zugleich eine förderliche Pausenkultur als Erholungsmöglichkeit entwickeln. Klare Pausenrituale und -regeln können dabei hilfreich sein. Das Verlassen der virtuelle Räume und der temporäre Rückzug aus (Online-)Netzwerken sollte Teil davon sein. Danke fürs Lesen und jetzt …

PAUSE!!!!!!!


Über Rainer Lenzenweger

Trainer, Coach, Social Media Guide / Vor-, Mit-, Nach-, und Schrägdenker / ein Brückenbauer